Studieren in einer Fremdsprache (Interview)
Du möchtest Medizin studieren, vielleicht an einer deutschsprachigen Uni – aber Deutsch ist nicht deine Muttersprache und du fragst dich, ob du dir das zutraust?
Federica hat uns einige Fragen zu ihrem Studium in einer Fremdsprache beantwortet. Sie ist Tessinerin und fürs Humanmedizinstudium nach Basel gekommen. Jetzt ist sie im Master und erzählt uns, wie sie den Start empfunden hat und das Studium erlebt. Lest bis zum Schluss, um ihre wertvollen Tipps zu bekommen!
(Anmerkung: Seither haben sich einige Formalitäten zur Zulassung und dem NC-Format geändert.)
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Deine Muttersprache ist Italienisch – für das Medizinstudium musstest du dich also entscheiden, auf einer Fremdsprache oder in Italien zu studieren. Wieso hast du dich entschieden, auf Deutsch zu studieren?
Der Grund, warum ich mich für Deutsch und nicht für Italienisch oder Französisch entschieden habe, hatte mehr mit dem Studienort als mit der Sprache selbst zu tun. Italienisch war die erste Sprache, die ich verworfen habe – obwohl sie die einfachste ist – da ich in der Schweiz studieren wollte (und die Universität Lugano bietet nur einen Master in Medizin an).
Die meisten französischsprachigen Universitäten kamen nicht in Frage, da ich die Aufnahmeprüfung ablegen wollte, um mir einen Studienplatz zu sichern. Schliesslich besuchte ich den Informationstag in Basel und mir gefiel sowohl die Stadt als auch die Fakultät. Somit war entschieden, dass ich auf deutsch studieren wollte – natürlich entscheidet schlussendlich das Ergebnis der Aufnahmeprüfung über die Studiensprache. Einen Studienplatz zu bekommen war für mich wichtiger als die Sprache an sich.
Kannst du uns von deiner Erfahrung erzählen, auf Deutsch zu studieren? Wie war es am Anfang, wie ist es jetzt (nach einem abgeschlossenen Bachelor)?
Der erste Monat war ein Schock, hahaha. Kein Deutschkurs (egal ob in der Schule oder anderswo) hätte mich jemals auf ein vollständiges Eintauchen in die deutsche Sprache vorbereitet. Als ich nach 8 Stunden Unterricht nach Hause kam, habe ich nichts mehr verstanden. Alles in allem war es aber keine schreckliche Erfahrung. Ich schätze mich glücklich, weil ich schon in den ersten Tagen an der Uni Freundschaften mit Deutschschweizern geschlossen habe, die mir geholfen haben, wenn ich etwas nicht verstanden habe. Nach drei Jahren haben sich meine Deutschkenntnisse sehr verbessert, ich kann mich kaum noch auf Italienisch ausdrücken, weil ich alle Wörter in meinem Kopf auf Deutsch habe.
Das Schwierigste ist wahrscheinlich noch das schnelle Verstehen und Antworten in Gesprächen.
Der nächste Schritt ist Schweizerdeutsch zu verstehen!
Während der Prüfungen darfst du ein Wörterbuch benutzen – hat es sich als nützlich erwiesen oder nicht?
Das Wörterbuch ist für mich unverzichtbar! – Vor allem bei Verben, die je nach vorangestellter Silbe komplett anders übersetzt werden. Ich habe ein Verb gedanklich in eine Richtung übersetzt und nach der Überprüfung festgestellt, dass es genau das Gegenteil bedeutet.
Was sind deine Tipps, um in einer Fremdsprache zu studieren?
Erstens würde ich raten, wenn möglich, einen Auslandsaufenthalt zu machen, um die Sprache zu lernen. Das hilft wirklich sehr.
Zweitens würde ich sagen, schliesst nicht nur Freundschaften mit Italienischsprechenden, sondern lernt auch einige Muttersprachler*innen kennen. In den meisten Fällen sind sie nett und bereit, euch zu helfen, eure Sprachkenntnisse zu verbessern.
Drittens würde ich euch raten, nicht jedes Wochenende ins Tessin zu fahren, sondern an eurem Studienort zu bleiben und Aktivitäten zu unternehmen, die nichts mit dem Studium zu tun haben (Museumsbesuche, Kinobesuche, …), um die Sprache ausserhalb des Studienfachs zu lernen.
Was möchtest du Tessiner Schüler*innen sagen, die sich auch überlegen, in der deutsch- oder französischsprachigen Schweiz zu studieren?
Wenn ihr die Möglichkeit habt, ausserhalb des Tessins zu studieren, nehmt sie wahr! Ich kann es nur wärmstens empfehlen, es ist eine fantastische Erfahrung! Lasst euch nicht von den Sprachschwierigkeiten abschrecken, mit der Zeit überwindet man auch diese und sie sind gar nicht so schlimm. Wenn du aber immer noch nicht überzeugt bist und Angst hast, dich allein unter Menschen wiederzufinden, die eine Sprache sprechen, die du nicht verstehst, vergiss nicht, dass fast alle (wenn nicht alle) Universitäten eine Vereinigung für Tessiner oder italienischsprachige Studenten haben (z.B. STAB für Basel, STIB für Bern, STIG für Genf, ASTAZ für Zürich, …). Dort findest du andere Studierende, denen du Fragen zu deinem Studium stellen und um Rat fragen kannst.
Es gibt ja nicht so viel Übungsmaterial auf italienisch – wie hast du dich auf den NC vorbereitet?
Für Schlauchfiguren, Muster zuordnen, Konzentrationstest und Figuren lernen habe ich die Bücher auf Deutsch benutzt, da es ja nur um Bilder geht. Für Fakten lernen habe ich einige „medizinische Tabellen“ ins Italienische übersetzt und damit geübt. Zur Vorbereitung der anderen Untertests habe ich die drei übersetzten Versionen von „Der Eignungstest für das Medizinstudium“ verwendet. Nun, dass es NC Wiki gibt, würde ich natürlich auch einen Blick darauf werfen.
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Vielen Dank Federica, dass du uns die Fragen beantwortet und so viele gute Tipps gegeben hast!
Uns von NCWiki ist es wichtig, auch Chancengleichheit zum Medizinstudium für Italienisch- und Französischsprechende herzustellen. Unsere Angebote (gratis Übungsserien und gratis Testsimulation) bieten wir deshalb auch auf Italienisch und Französisch an!